Nach Abwasch des gebrauchten Bierglases in meiner Behausung gehts nun also wieder ins Auto – wohin ist mir allerdings noch unklar; ich weiß nur, dass ich in den Westen will. Also Kompass angeworfen, und
einfach mal losgefahren. Aus Neugier bin ich dann in irgendeine Seitenstraße gefahren, einfach um mir die Häuschen anzuschauen – und schon wurde mir vor einem Wald mitgeteilt, dass der Ort Anhée hier sein jähes Ende finden soll. Gefahr, dass man glaubt, der Ort wäre länger, bestand meines Erachtens ob der Wege danach nicht. Ein bisschen komisch war das schon – ich wusste absolut gar nicht, wo es hingeht, sondern habe einfach nur das Gaspedal getreten und darauf geachtet, Straßen Richtung Westen zu nehmen. Wenn die denn nichtmal im Nirgendwo enden, wie das bei den kleineren Sträßchen in Anhée der Fall war.
Ich fuhr auf irgendeiner Landstraße, als sich linker Hand ein kleines Dörfchen auftat. Kurz abgebogen, drei Fotos gemacht, weiter gefahren. Kurz zusammengefasst: drei Chateaus (Chateaus sind relativ große, Schloss-artige Anwesen mit großem Grundstück), eine kleine Kapelle, ein Bach. Und 300 Meter weiter, am Wegesrand, die nächste Kapelle. Die Gläubigkeit der Leute hier ist außerordentlich.
Wieder auf der Landstraße, staune ich nicht schlecht: da steht plötzlich, mitten im Nichts, rechts ein Café am Rand, Autos parken davor, und dann kommt wieder lange nichts. Und das sollte nicht die einzige Einkehroption bleiben, die ich so dezentral angelegt bewundern durfte.
Weiter gehts, entlang schön begrünter Landstraßen, unterhalb eines Hangs, und Durst macht sich breit. Da das Fach in der Beifahrertür sowieso bereits vor Müll überquillt, kristallisierte sich in meinem Gehirn der Gedankenstrom heraus, den nächsten Parkplatz aufzusuchen – meist gibts da einen Mülleimer. Die erste Parkbuchte (das Konzept der Parkbuchten habe ich ja bereits zuvor erwähnt) hatte natürlich keinen Mülleimer, die zweite hatte immerhin einen, lag aber an einer nicht einsehbaren Kurve, und dann auch noch auf der anderen Straßenseite. Da dort 90 km/h zulässig sind, was die Belgier in dieser Region wenig kümmerte, gings also zur nächsten Buchte. Dort war auch wieder ein Mülleimer – ich sah jene aber zu spät und wollte aufgrund der Belgier, die ihren Kühlergrill gern fast in meinen Kofferraum geschoben hätten, nicht mit dem Bremskraftverstärker spielen. Parkbucht Nummer drei wurde
vorangekündigt und war wieder links in einer Kurve – diesmal hab ich mir es dann aber getraut. Keiner hinter mir, langsamer geworden, Radio aus – kein anderes Auto zu hören, rüber. Beifahrertür ausgeräumt, neue Flasche Wasser aus dem 12V-Kühlschrank von der Rückbank geholt (das Ding mitzunehmen war eine geniale Idee, vor allem bei 27 Grad!), weiterfahren wollen – und auf gleiche Art und Weise wieder aus der Bucht raus. Muss ich nicht täglich haben.
Kurz darauf gings dann wieder mit den nun schon bekannten Wohnkonzepten weiter: plötzlich drei Häuser direkt an der Straße, oft sogar noch eine Bushaltestelle davor – und dann wieder nichts. Ewig. Gefühlt ewig. Die Fassade immer wieder im selben Stil: Naturstein.
Irgendwann kam dann eine kleine Stadt, die mir doch ganz gut gefiel. Ich war im Sosoye gelandet, einer wirklich kleinen Stadt – laut dem
Internetz gerade mal 151 Einwohner. Ich fand diese aber so schön, dass ich dort mein Auto geparkt habe und fotografieren gegangen bin. Und nicht fassen konnte, erst 10 Kilometer von Anhée entfernt zu sein. Ich tippe auf einen Umweg.
Aufgrund eines Geocaches – der erste seit langer Zeit – hats mich auch noch auf den Friedhof verschlagen. Der Grabstil unterscheidet sich auch von unserem. Schreine (ist das ein korrekter Plural?) gibt’s hier auch wieder reichlich; für die Wissensversorgung scheint ein Bibliotheksbus zu kommen, wenn ich das Schild richtig interpretiert habe. Da mir ein Sosoye die Türen und Häuser besonders gut gefielen, gibts entsprechend viele Fotos davon.