Zu meiner Freude, erneut ibis budget. Immerhin klimatisiert, aber ohne eigenen Parkplatz – das öffentliche Parkdeck davor muss also herhalten; schön sonnig und für Dreifuffzig pro Tag. Taschen reinschleppen, fluchen – mein Zimmer ist wieder in Indien (am Ende des Ganges), das muss Bestimmung sein – und wundern. Die Dusche ist im Zimmer. Also nicht in einer Nasszelle, sondern im Zimmer – richtig drin. Ich kann vom Bett aus in die Dusche schauen, und anders herum. Ich freue mich erneut, allein zu verreisen.
Das ansonsten ibis-typische, sehr simpel eingerichtete Zimmer lässt mal wieder die Seife vermissen, dafür gibt’s indirekte LED-Beleuchtung. Trotz Bahnhofsnachbarschaft ists ruhig; das ist ein Pluspunkt für Tagschläfer meiner Art. Wie ich lernen durfte, bin ich mit dieser Einstellung sogar nicht einmal allein. Nachteilig auch hier für alle Reisepärchen: die Decke ist in Belgien typischerweise groß genug für zwei Personen. Wenn das ein Streitpunkt werden könnte, lieber eine eigene Decke mitbringen. Ist für die Urlaubsatmosphäre besser. Soweit nach erstem Liegetest ein Eindruck des 77,17-Euro-Zimmers:
Und dann ist da erstmal nichts. Mittagsschlaf, wenn auch etwas später. Für heute steht Brügge bei Abenddämmerung an – also die Zeit nutzen und der Müdigkeit Raum zugestehen, um dann die Nacht zum Nachtfotografietag zu machen.
Entsprechend meiner Verweigerungshaltung gegenüber öffentlichen Nahverkehr gings dann ab Richtung Rosenkranzkai-Brücke in Brügge. Der Punkt wird fotografisch empfohlen; für mich also idealer Ausgangspunkt. Parkplatz ist wie immer kein Problem; Kamera raus, GPS-Logger an, Brücke zur Kenntnis nehmen und für gut befinden, weiter zum Markt laufen, essen. Mal wieder Fritten. Ich bin gespannt, wann ich diese Kartoffelerzeugnisse nicht mehr sehen kann.
Nach einigen Fotos auf dem Markt wieder zurück zur Brügge-Brücke, Fotoplatz sichern. Die blaue Stunde kommt näher und bis dahin sollte das reservierende Stativ schon irgendwie stehen.
Nach einem Dosenbier und einem längeren Gespräch mit einem Pärchen aus Bitburg, die da mit ihrem Motorrad anreisten, stand dann auch das Licht günstig – Fotos machen, weiterziehen. Und weiter mit beiden reden. Er ist im Finanzsektor tätig, sie ist Grundschullehrerin – zum Quatschen ist also immer jemand da.
Wie so oft bei solchen Spaziergängen kenne ich vorher oft nur eine Motividee und schaue dann mal rum, was sich noch so anbietet. Auch in Brügge
erwartungsgemäß kein Problem; sogar für Schwerenöter ist etwas dabei, wenn man lange genug sucht findet.
Läden bei Nacht, die Innenstadt selbst – alles genug Motive. Angenehmerweise gibt es hier keine Wolle-Du-Rose-kaufe-Männer; einzig die Autolichter stören meine Fotos etwas. Entsprechende ND-Filter und Belichtungen jenseits der 180 Sekunden lösen das Problem allerdings halbwegs. Zeit sollte man mitbringen, und vielleicht noch ein zweites Dosenbier.
Konkludierend lässt sich feststellen (diese Formulierung schrieb ich einmal in einer Klausur. Warum auch immer mir die gerade einfällt…), dass Brügge bei Nacht lohnenswert ist. Besonders im Sommer, wenn es nur nachts erträglich ist. Touristisch hält sich meine Begeisterung für Brügge aber ansonsten in Grenzen.
Gäääähn. Nacht.