Die Nacht wurde lang, der Morgen danach schmerzhaft. Weniger aufgrund der Menge des Alkohols, als mehr wegen der sehr engen Beschränkung der Schlafenszeit. Wir haben bis etwa um drei im Garten gesessen und uns sehr gut unterhalten; Bier war auch vorhanden – schwand mit voranschreitender Zeit allerdings.
Aus Gründen ausufernder Faulheit (Stativ aufstellen…) und der Gastgeberprivatsphäre existieren von jener Nacht daher keinerlei Fotos. Lediglich ein Schnapsglas mit flämischem Löwen wird mich von nun an weiter begleiten.
An diesem wunderschönen Morgen durfte ich nach Verlassen der Terasse auch noch colruyt kennenlernen, so eine Art Mischung aus Aldi und Metro.
Besonderheiten, die hier für den geneigten deutschen Touristen ins Auge stechen: Hochlagerregale, Beton, kühle Atmosphäre. Nicht wie bei Lidl, sondern auf Beschaffung orientiert. War mir sympathisch.
Auch sympathisch, weil man den Wein vor Einkauf probieren kann. Nach intensiven Proben kann ich allerdings aussagen, dass mir keine der Probierschlückchen so geschmeckt haben, dass ein Kaufverlangen folgte. Lediglich fürs Handschuhfach wurde der Knabbervorrat aufgestockt.
Die nachfolgende Weiterfahrt nach Brüssel frustrierte mit Stau; die Klimaanlage machte jenen allerdings erträglicher. Ob der bevorstehenden Brüsselmomente hatte mir meine Gastgeberin in Lokeren bereits angeboten, dass ich bei ihrem Freund in Brüssel schlafen könne, vollkommen kostenfrei. Mitten im Zentrum.
Bei aller Freude, ich brauchte eine Nacht mit Klimaanlage. Da führte kein Weg dran vorbei. Da TripAdvisor und Booking.com in der Lage sind, das Ausstattungsmerkmal “Klimaanlage” mehr oder minder zuverlässig in die Suchanfragen einzubeziehen, wurde aus der Übernachtungsabsicht eine dekadente 4-Sterne-Nacht im Graham Belson, welches wohl gerade teilrenoviert wird. Daher hielt sich der Preis in engen Grenzen; lediglich die türkische Reisegruppe vor mir verlängerte die Check-in-Zeit in drastischem Ausmaß: zwei Zugangskarten pro Zimmer schien in diesem Hotel niemand für eine übliche Anforderung zu halten.
Lucas, vollkommen fertig, fällt ersteinmal aufs Bett und schläft. Bei eingeschalteter Klimaanlage im fünften Stock, während die Sonne ihre Arbeit durch das Fenster verrichtet. Ohne diesen Luftkühler hätte ich Reisaus genommen, und zwar eher schnell als langsam.
Nicht zu vergessen: das Hotel hat eine Tiefgarage. Nachdem mich Eline schon gewarnt hatte, dass in Brüssel gern mal reihenweise Autos aufgebrochen werden, habe ich lieber darauf orientiert, mein Schätzchen zu 17 Euro je Nacht unterzustellen. Die Einfahrtfreigabe erfolgt per Videokamera durch die Rezeption, da sich der Vier-Sterne-Beherbergungsbetrieb die unterirdischen Parkbuchten mit der anliegenden Bank teilt.
Eng und klein ist sie, und raus kommt man nur im ersten Gang, sagt mein Automatikgetriebe. Dafür findet sich ein kleiner Parkplatz, zwischen Baumaterialien und Luxuswagen anderer Gäste. Draußen hätte ich nichtmal einen Parkplatz bekommen, und so spare ich mir auch die Ängste um mein Autochen.
Wieder aufgewacht, geduscht, die Monitor-Funktion des Fernsehers ausprobiert, macht sich Hunger breit. Da das Hotel zwar über ein Bügelbrett auf jedem Zimmer, allerdings auch eine sehr happige Speisenpreisliste verfügt, steht der Entschluss fest: die Stadt Brüssel muss doch etwas im Angebot haben. Jeder der mitdenkt, weiß nun: heute gibts zur Abwechslung Fritten. Nach freundlicher Begrüßung als “fucking freak” durch orientalische Mit-Kunden wird meine Bestellung in Korrektheit zubereitet, ich esse, verschwinde, schlafe. Hitze strengt an.