Bei Josy ist meine Nacht nun vorüber, also alles zusammenpacken, sich verabschieden, bei Airbnb gut bewerten und wieder ins Auto setzen.
Plan nun: erstmal losfahren. Und nebenbei versuchen, ein paar Lost Places meiner Karte abzuarbeiten – was leider eher nicht gelang. Wegpunkt “Puff Disco” war schon nicht mehr existent, eine Maison um die Ecke auch nicht – dafür wurde an beiden Stellen fleißig gebaut.
Also ins Auto, ein Stück fahren. Mein Ziel war Bastnach (Bastogne), aber ohne direkten Plan, was ich dort will. Neben der Landstraße wechselten sich Wohnhäuser, Felder und Industriebauten ab; jedes Haus für sich meist ziemlich einsam. Die Zubringerlandstraße zur Autobahn beziehungsweise Schnellstraße war daher ein neuerlich interessantes Kontrasterlebnis. Wenig später gings dann auf die sogenannten “Schnellstraße”, wobei für einen deutschen Autobahnliebhaber dieser Begriff eher Hohn und Spott ist. 120, teilweise nur 90 sind dort erlaubt. Und geblitzt wird auch, nämlich gern von den Brücken herunter. Auch wenn es mir schwer fällt, ich benehme mich und setze den Tempomaten auf 120 km/h. Die Strafen in Belgien beginnen(!) bei 50€ für eine Geschwindigkeitsübertretung von nur einem km/h, ab 11 km/h kommen dann pro Stundenkilometer je nach Situation 5 bis 10 Euronen dazu. Das muss ja nicht sein.
Und teilweise bin ich sogar freiwillig langsamer gefahren, als erlaubt. Das ist einerseits für mich eine Leistung, denn ich fahre eigentlich nie langsamer, als ich muss – andererseits aber nötig und für mein Gefühl richtiger. Die Landstraßen sind durchaus sehr schön; das kann man bei 70 besser genießen denn bei 90 Kilometern je Stunde. Gepflegte
Wälder, Felder und kleine Häuser links und rechts. Und genau das ist der Punkt: es gibt Häuser, plötzlich mitten drin, und trotzdem darf man dort 90 fahren. Einerseits frage ich mich, wie ein Bewohner dort vernünftig ausparken will, andererseits, was das für ein Lärm sein muss. Das langsamere Fahren an solchen Stellen erscheint mir zwar logischer, scheinbar aber den belgischen Straßenbenutzern nicht ganz so. Gedrängelt wird zwar nicht offensiv, aber bei der nächsten Gelegenheit überholt. Mit mehr als 90.
Kleiner Nachteil der Landstraßen: hier fahren regelmäßig Landmaschinen, mit maximal 25 km/h…
Bei den Geschwindigkeitsbeschränkungen darf ich mich nicht auf mein Navi verlassen, habe ich gelernt. Denn auf einer Schnellstraße gelten, soweit nichts anderes angegeben, 120 km/h. Mein digitaler Atlas zeigte mir eine Dreißig mit roter Umrandung auf weißem Grund. Und weil da kein Schild stand, ist mein Vertrauen in dieses Gerät nun auch eher beschränkt.
Zwar wollte ich ursprünglich nach Bastnach, landete dann aber erstmal in Saint-Hubert – und erinnerte mich an den Besuch vor drei Jahren. Viel hat sich auf den ersten Blick nicht geändert; ausgestiegen bin ich aber nicht. Umso besser, dass der Saint-Huberter Lidl in die Nähe rückte. Dort habe ich mein Auto dann mal wieder verlassen.
Erheiterung meinerseits im Inneren. Die Filialen sehen aus wie in Deutschland – die Regale, die Fliesen, der Grundaufbau. Sogar das Angebot an Non-Food-Waren, wie das im Handelsjargon so schön neudeutsch heißt, war absolut identisch zu Deutschland. Da war der gleiche Schraubendreherbitsatz zum selben Preis im Handel, wenngleich unter französischer Bezeichnung. In Deutschland habe ich noch überlegt, ihn zu erwerben.
Für mich gabs allerdings nur belgische Waffeln (lecker!) und ein Sechserpack Wasser. Letzteres ist hier übrigens pfandfrei. Wie gewohnt Richtung Kasse. Eine Frau, die gerade ihren Großeinkauf vollführte, sagte irgendwas, lächelte und deutete vor sich – vermutlich durfte ich vor. Ich weiß zwar nicht, was sie gesagt hat, aber antwortete freundlich mit “Merci” – schien zu funktionieren. Nun musste ich nur abwarten, dass der Einkauf vor mir fertig über das Band läuft. Und das kann dauern.
Wer aus Deutschland die Einkaufshektik gewöhnt ist, möglichst schnell weg zu sein, wird sich in Belgien umstellen müssen. Wie auch an der Nachbarkasse läuft das hier alles in Zeitlupe. Und beim Scannen geht’s auch nicht zack-zack, sondern da wird mit der hübschen jungen Kassiererin ein Plausch gehalten. Und das ist an jeder Kasse so, mit jedem Kunden den ich sehen konnte. Auch der Kundin nach mir. Glücklicherweise hatte der Lidl eine digitale Kasse, die mir in verständlichen Zahlen verriet, was ich bezahlen muss. “Bonjour”, “Merci”, “Au Revoir”. Zu mehr reichts bei mir irgendwie nicht.
Weiter gehts, Richtung Bastnach. Der Hunger drückt etwas.